Unsere Gemeindeväter haben sich seinerzeit offensichtlich sehr für historische Zusammenhänge interessiert. Denn wie bei vielen Straßennamen in Stiepel müssen wir zu deren Erklärung auch in diesem Fall bis zur sogenannten Markenteilung aus dem Jahr 1786 zurückgehen. Hintergrund und Details zur Markenteilung sind in der Festschrift „1000 Jahre Dorfkirche Bochum Stiepel“ durch Dr. Klaus Eichholz ausführlich beschrieben.
Der bis zum Jahr 1786 durch die alteingesessenen Bauernhöfe, die kleineren Kötter sowie die adeligen Besitzer des Hauses Kemnade gemeinschaftlich genutzte Wald, die Stiepeler Mark, wurde entsprechend der über Jahrhunderte festgelegten Holz- und Weiderechte in Privatbesitz überführt. Die jeweiligen Mitglieder dieser drei Gruppen, die sogenannten Markgenossen, erhielten aus dem bis dahin gemeinschaftlich genutzten Wald einen ihren alten Nutzungsrechten entsprechendes Eigentum übertragen. Die adeligen Herren des Haus Kemnade erhielten unter anderem das Stück am nördlichen Ende der heutigen Straße, auf dem der (ehemalige) Hof „Haarmann am Gebrannten“ errichtet wurde. Auch die weiter nordwestlich daran anschließende komplette Voßkuhlstraße ist auf ehemaligem Kemnader Grundbesitz entstanden. In der Zeit nach der Markenteilung hat dann ein Familienmitglied derer von Syberg, der seinerzeitigen Lehensherren auf Kemnade, aus Wald- und Grundbesitz das schnelle Geld machen wollen. Großteile des Waldes wurden gerodet, vermutlich auch durch Brandrodung. Ein dokumentierter gerichtlicher Rechtsstreit innerhalb der Familie zeugt von den gegenläufigen Interessen bei dieser Aktion. Zu einer Verurteilung des Angeklagten kam es aufgrund dieses sogenannten Waldfrevels aber nicht.
So kam die Straße im Jahr der Eingemeindung Stiepels nach Bochum (1929) durch diesen überlieferten Waldfrevel zu ihrem heutigen Namen „Am Gebrannten“. Erst ein Jahr vorher (1928) wurde die Straße von der Gemeinde Stiepel in die öffentliche Unterhaltungspflicht übernommen. Bis dahin war sie ein reiner Privatweg. Den vorherigen, im Jahr 1909 vergebenen Namen „Heinrichstraße“ dürfte sie erhalten haben, weil in drei von sechs Häusern der Straße zu jener Zeit die männlichen Familienoberhäupter den Vornamen Heinrich trugen: Haarmann, Pracht und Althaus. Mit der Gustavstraße (heute Nettelbeckstraße) und der Georgstraße (heute Teil der Surkenstraße) haben wir zwei weitere Beispiele für diese Art der Namensfindung bei der erstmaligen Straßenbenennung des Jahres 1909.
Die Straße Am Gebrannten ist -unabhängig vom Aspekt der Namensfindung- untrennbar verbunden mit der Geschichte der Familie Oberste-Beulmann. Im Zuge der bereits beschriebenen Markenteilung erhielt der Hof Oberste-Beulmann an der Düsterstraße (heute Hausnr. 25) einen ca. 2,3 ha großen Teil der Stiepeler Mark auf dem Schrick. Beginnend an der heutigen Hevener Straße (Hausnr. 35 – 39) zog sich dieses Stück Land nach Norden und entspricht genau den heute auf der östlichen Straßenseite des Gebrannten liegenden Grundstücken (heutige gerade Hausnummern 4 – 40). Das Grundstück ging bis zum Hof „Haarmann am Gebrannten“, der seine Zufahrt über das besagte Grundstück erhielt. Diese Zufahrt entsprach im Grunde der späteren Straße Am Gebrannten.
Vermutlich nach ihrer Hochzeit (1891) errichtete das Ehepaar Wilhelm (*1868) und Emilie (*1871) Oberste-Beulmann im Jahr 1893 auf dem beschriebenen Grundstück ein Haus, nachdem sie dieses Stück Land als Erbteil des Hofes an der Düsterstraße erhalten hatten. Dies war die spätere Hausnr. Haarholzer Straße 28, das Haus wurde vor einigen Jahren abgerissen und durch einen Neubau mit Eigentumswohnungen ersetzt. Nach früheren Verkäufen blieb bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts rund die Hälfte des ursprünglichen Grundstücks im Besitz der Familie Oberste-Beulmann. In den 1930er Jahren wurde das Grundstück im Zuge einer weiteren Erbteilung unter fünf von neun Kindern des genannten Ehepaares aufgeteilt und weiter bebaut. Einige dieser Grundstücke sind nach wie vor im Familienbesitz.
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