Die Voßkuhlstraße in früheren Zeiten als „Straße“ zu bezeichnen – das ist hoch gegriffen. Sie war eher ein typischer Stiepeler Feldweg, der im Zuge der Bebauung in den letzten Jahrzehnten erst zur Straße ausgebaut wurde.
Auf der Preußischen Gemeindekarte aus dem Jahr 1824 ist das Gebiet noch komplett bewaldet. Das Stiepeler Urkataster aus demselben Jahr weist einen Bereich, der nahezu identisch ist mit der heutigen Parzellierung und Bebauung, als „Busch“ im Besitz von „v Syberg“ aus. Die Fläche wird mit 32 Morgen 136 Ruten angegeben, was einer Größe von 83.624 m² entspricht. Die Familie von Syberg war von 1647 bis 1847 der adelige Lehnsherr des Hauses Kemnade und hat nach der sogenannten Markenteilung 1786 einen Teil der Stiepeler Mark als Eigentum erhalten.
Schon im Urkataster findet sich als Flurbezeichnung für diesen Teil des Waldes der Begriff „auf der Voßkuhl“, was auch den gesamten Siepen einbezog. Die Bedeutung „Fuchsloch“ scheint naheliegend. Mit dem alten Stiepeler Familiennamen Voßkuhl hat die Bezeichnung aber nichts zu tun, da dieser Name nur mit einem Hof in Stiepel-Dorf in Verbindung gebracht werden kann.
Auf der Stiepeler Flurkarte aus dem Jahr 1878 sind auf dem Gebiet des ehemaligen Syberg’schen Busches 23 Parzellen mit 18 Gebäuden eingezeichnet. Der Weg, der über die quer zur Straße verlaufenden Grundstücke ging, war bis 1928 ein sogenannter Interessentenweg (= Privatweg). Übrigens entsprach der Verlauf der Surkenstraße in diesem Bereich der heutigen Straße „In den Hegen“.
Einem Rechtsstreit aus dem Jahr 1906 ist zu entnehmen, dass die Straßenbezeichnung „Voßkuhle“ schon vor der Einführung der offiziellen Straßennamen im Jahr 1909 gebräuchlich war. Die alte Flurbezeichnung wurde im Volksmund übernommen. Im besagten Rechtsstreit, in dem von der „Straße vom Surkenweg nach der Voßkuhle“ gesprochen wird, streiten sich die Anwohner mit der Gemeinde Stiepel über den Zustand der eher als Feldweg zu beschreibenden Straße und deren Instandsetzung. In einem Zeitungsbericht aus dem „Volksblatt“ vom 10. Januar 1906 ist zu lesen: „Wie schlecht es mit den Wegeverhältnissen hier ist, zeigt folgender Vorfall: Am 5. ds. Mts. versuchte ein Bierfuhrwerk über die Voßkuhle zu fahren. Der Weg war aber infolge des Regens so durchweicht, daß der Wagen tief im Morast stecken blieb, sodaß er ohne fremde Hilfe sich nicht frei machen konnte…“.

Handskizze der Straße aus einem Rechtsstreit 1906: in deutscher Schrift ist „Voßkuhle“ zu lesen.
Viele der heute öffentlichen Wohn- und Durchgangsstraßen Stiepels waren lange Zeit Privatwege. Erst am 1. Juni 1928 hat der Wegeausschuss der Gemeinde Stiepel die „… Übernahme von 19 Privatwegen in die Gemeindeunterhaltungspflicht“ beschlossen, darunter auch die Voßkuhlstraße. Nach der Eingemeindung nach Bochum im Jahr 1929 ist dieser Straßenname -als einer der wenigen- bestehen geblieben.

„Restauration zur frischen Quelle“ ca. 1915, heute Voßkuhlstraße Nr. 3, Foto: Archiv W. Dickten
Zwei Gebäude an der Straße sind besonders zu erwähnen: die ehemalige Schule, die im Jahr 1909 errichtet wurde, sowie die Wirtschaft, die schon vor 1890 von Familie Hellmich betrieben wurde, etwa ab 1905 dann von Schreinermeister Freese.
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