Alle drei Jahre tritt ein Denkmal aus dem Schatten des alten Gemeindehauses an der Kemnader Straße hervor, wenn der Bürgerschützenverein von 1854 Ausrichter des Schützenfestes ist. Die traditionelle Totenehrung mit Zapfenstreich führt der Bürgerschützenverein am Vorabend des Königsschießens an diesem Ehrenmal durch.
(Text: Gerhard Hagenkötter)
Die Geschichte dieses Denkmals beginnt am 3. Oktober 1920. An diesem Tag fand eine Versammlung von Vereinsvorständen der Gemeinde Stiepel in der Gastwirtschaft Frische statt. Es wurde der Wunsch nach einem „Heldenhain“ für die im Weltkrieg gefallenen Männer aus Stiepel artikuliert. In einem Brief an die Gemeindevertretung wurde um ein Grundstück oberhalb des Spielplatzes vom Wirt G. Schreier entgeltfrei für diesen Zweck gebeten. Unterschrieben war die Eingabe von Lehrer Linnhoff.
In der am 15.12.1920 stattgefundenen Sitzung der Gemeindeversammlung wurden beschlossen, eine Kommission, in der
Kriegsteilnehmer und Hinterbliebene vertreten waren, zwecks weiteren Vorgehens einzusetzen. Obwohl sich die Kriegsteilnehmer nicht ausreichend vertreten sahen, konnte die Kommission in einer Sitzung der Gemeindevertreter am 7.3.1921 ein Modell der geplanten Gedenkstätte präsentieren. Der Entwurf wurde von den Gebrüdern Hugo und Paul Hedtfeld aus Weitmar erstellt. Als Ort des Denkmals wurde ein Platz neben dem Gemeindehaus festgelegt.
Am 2.5.1921 beschloss die Gemeindevertretung den Plan der Kommission gut zu heißen und für die Ausführung einen Kredit von 30.000 Mark bereit zu stellen. Die Ausführung sollte die Firma Friederich Nippus aus Sprockhövel übernehmen. Es wurde auch eine Anfrage an die Westfälische Heimstätte für Kriegerehrung in Münster gestellt, ob das geplante Denkmal eine künstlerisch einwandfreie Lösung sein wird. Im Juli beantragte die Kommission zusätzliche Mittel, da die Namen der 173 gefallenen Kriegsteilnehmer auf Marmortafeln angebracht werden sollen, das würde den Kredit um 9.300 Mark überschreiten.
Unheil drohte der Gemeinde durch ein Schreiben des Justizrates Mummenhoff, Anwalt und Notar aus Bochum, den die Brüder Hedtfeld als Vertreter ihrer Interessen beauftragt hatten, da der Auftrag ihres entworfenen Denkmals an eine andere Firma ging. Die Gemeinde begründete die Auftragsvergabe an die Firma Nippus mit den geringeren Kosten, Nippus war 7.000 Mark günstiger. Um einen langen Rechtsstreit und Gerichtsverfahren aus dem Weg zu gehen, schon damals gab es Urheberrechtsprobleme, strebte man eine gütliche Einigung an. Die Brüder Hedtfeld verlangten 3.619 Mark, die Gemeinde wollte nur 2.750 Mark zahlen. Die als Vermittler von Hedtfeld angerufene Heimstätte für Kriegerehrungen in Münster schlug als Vergleich 3.000 Mark vor. Die Gemeindevertreter stimmten auf der Sitzung vom 5.12.1921 diesem Vergleich zu. Auch die verlangte Erstattung der Anwaltskosten über 119,40 Mark der Gebr. Hedtfeld wurde nach längerem Zögern im Juni 1922 durch die Gemeinde erstattet.
Um die ständig steigenden Kosten abzufangen, wurde der Kredit am 17.5.1922 auf ein Volumen von 40.000 Mark erhöht, wohl wissend dass die Kosten auf bis zu 70.000 Mark steigen könnten.
Weiter wurde festgelegt, dass am 11.6.1922 die Einweihung des Denkmals stattfinden soll. In einem Brief wurde Hauptlehrer Böhle, der auch Organist der Kirchengemeinde war, gebeten, für den musikalischen Rahmen zu sorgen; es soll eine „schlichte Einweihung stattfinden“. Mit einer Anzeige in der Hattinger Zeitung wurde die Gemeinde eingeladen. Auch wurde ein Heldengedicht in der gleichen Zeitung veröffentlicht.
Von der Gedenkstätte wurden Ansichtskarten durch den Hattinger Photographen Albert Kessler angefertigt. Der Buchhändler Friederich Höltermann aus Stiepel sollte den Verkauf übernehmen. Die Gesamtausgaben für das Denkmal betrugen laut einer Aufstellung im Rechnungsbuch der Gemeindeverwaltung 74.548,60 Mark. Zum Vergleich: Im Jahre 1922 kostete ein Brot 3,08 Mark, ein Bier 2,00 Mark und ein Pfund Butter 3,21 Mark.
Beschreibung des Denkmals:
Auf einem ca. 60 qm großen Grundstück neben dem 1910 erbauten Gemeindehaus, steht die zweigeteilte Anlage des Denkmals.
Nach vorne wird das Ehrenmal von einer Treppenanlage mit drei Stufen, rechts und links mit zwei Bänken, abgegrenzt.
Die Rücklehnen der Steinbänke sind aus Schmiedeeisen, in der Mitte jeweils mit einem Eisernen Kreuz, jene besondere Kreuzform, die das Merkmal des gleichnamigen, erstmals im Jahre 1813 durch König Friederich Wilhelm III. von Preußen verliehenen Ordens ausmacht. Die ursprünglich auf den vier vorderen Pfeilern aufgestellten Blumenkästen sind heute nicht mehr vorhanden, wie auch die auf der Aufnahme von 1922 zu sehende Eisenkette auf einer Bruchsteinmauer.
In der Mitte der Anlage besteht das Denkmal aus einem mehrteiligen Sockel in den Abmessungen 1,94 x 1,38 und 0,16 m (breit, tief und hoch) und einem darauf weiteren verjüngten Block von 1,34 x 0,74 x 0,29 m. Darauf steht das eigentliche Denkmal, bestehend aus einem 0,86 breiten, behauenen Sandstein. Vorne ist eine Tafel mit einem Blätterkranz ausgear-beitet. Darin ist folgende Inschrift zu lesen:
NIEMAND HAT GRÖSSERE LIEBE
DENN DIE, DASS ER SEIN LEBEN
LASSE FÜR SEINE FREUNDE
Den oberen Abschluss bilden zwei Putten, die ein Füllhorn halten, aus dem Blumen quellen. Das gesamte mittlere Denkmal ist 1,94 m hoch und aus Ruhr-Sandstein gearbeitet.
In die hintere halbrunde Mauer sind die Namenstafeln aus Marmor eingearbeitet. Die Mauer ist in fünf Felder mit jeweils vier Tafeln aufgeteilt. Auf jeder Tafel stehen 10 Namen, nur die jeweilige letzte Tafel im Feld hat nur 9 bzw. 8 Namen. Die Namen sind in alphabetischer Reihenfolge eingeschlagen. In der ca. 2 jährigen Planungs- und Bauzeit müssen noch einige Schicksale vermisster Kriegsteilnehmer geklärt worden sein, so dass nun aktuell 193 Namen auf den Marmortafeln stehen. Diese halbrunde Mauer ist vermutlich aus Ziegelstein gemauert und verputzt. In der Gesamtaufstellung der Kosten gibt es eine Position über 400 Mark an die Gemeindeziegelei. Leider hat der Zahn der Zeit auch hier an dem mittlerweile über 90 Jahre alten Denkmal seine Spuren hinterlassen.
Quelle: Stadtarchiv Bochum,
hier Spezial-Akte aus dem Amt Blankenstein, Fach 10, Band I, Nr. 8
Fotos und Reproduktionen: G. Hagenkötter
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