Wie bei vielen unserer Recherchen ist das genaue Baujahr dieses Hauses bzw. das Gründungsjahr der Wirtschaft heute nicht mehr zu ermitteln, bekannt ist aber, dass im Jahr 1869 der Theaterverein Preziosa dort gegründet wurde. Gemeint ist die Wirtschaft an der heutigen Voßkuhlstraße 3, seinerzeit erbaut von Maschinenmeister Ludwig Hellmich (*1832), der als Nebenerwerb die besagte Wirtschaft betrieb.
Im Juli 1898 ging die Konzession auf seinen Sohn Heinrich Hellmich (*1875) über. Dessen Zeit währte aber nicht lange, im Jahr 1905 wurde das Haus für 22.000 Mark verkauft an den Schreiner Wilhelm Freese (1882 – 1922). Fortan hatte dieser zwei berufliche Standbeine, die Schankwirtschaft und die Schreinerei. Auf der um 1930 entstandenen Postkarte ist als separates Gebäude rechts neben der Gastwirtschaft ein Saalanbau zu erahnen. Hinter dem Saal war ein weiterer Schuppen als Werkstatt und Holzlager angebaut. Der markante Dachausbau über der Eingangstür mit einem zusätzlichen Zimmer für die Familie entstand im Jahr 1907.
Ab dem Januar 1915 musste Wilhelm Freese am 1. Weltkrieg teilnehmen, er galt zwischendurch als vermisst und verwundet, geriet in Gefangenschaft, kehrte erst nach dem Ende des Krieges zurück und starb im Jahr 1922. Da seine Witwe später eine sogenannte Kriegerwitwenrente erhielt, kann unterstellt werden, dass sein Tod die Folge einer Kriegsverletzung war. Die Gastwirtschaft wurde dann unter der Bezeichnung „Witwe Wilhelm Freese“ durch Alma Freese, geb. Meier (1887 – 1967) fortgeführt. Zur Schankwirtschaft gehörte neben dem Saal noch eine Gartenwirtschaft. Der Grundriss aus dem Jahr 1928, der im Zusammenhang mit der Vergrößerung der Gaststube entstand, zeigt die Hausaufteilung, am unteren Ende ist der Saal zu erkennen.
Ab Anfang der 1930er Jahre wurde der Wirtschaftsbetrieb verpachtet, Alma Freese zog aus dem Haus aus. Letzter bekannter Wirt war Julius Espey („Jule inne Voßkuhle“). Die Wirtschaft wurde im Jahr 1948 geschlossen, das Haus im Jahr 1967 durch Familie Freese an die damaligen Mieter verkauft.
Erwähnenswert ist der damalige Ausbauzustand der Straße. In einem Rechtsstreit aus dem Jahr 1906, in dem von der „Straße vom Surkenweg nach der Voßkuhle“ gesprochen wird, war die Belieferung der Gastwirtschaft Auslöser einer Auseinandersetzung. Es streiten sich die Anwohner mit der Gemeinde Stiepel über den Zustand der eher als Feldweg zu beschreibenden Straße und deren Instandsetzung. In einem Zeitungsbericht aus dem „Volksblatt“ vom 10. Januar 1906 ist zu lesen: „Wie schlecht es mit den Wegeverhältnissen hier ist, zeigt folgender Vorfall: Am 5. ds. Mts. versuchte ein Bierfuhrwerk über die Voßkuhle zu fahren. Der Weg war aber infolge des Regens so durchweicht, daß der Wagen tief im Morast stecken blieb, sodaß er ohne fremde Hilfe sich nicht frei machen konnte…“. Dazu muss man wissen, dass die Voßkuhlstraße bis 1928 ein Privatweg über die Grundstücke sämtlicher Anlieger war. Erst kurz vor der Eingemeindung nach Bochum hat der Wegeausschuss der Gemeinde Stiepel die Übernahme in die sogenannte Gemeindeunterhaltungspflicht beschlossen.
Schreibe einen Kommentar