An der Grenze nach Sundern und Weitmar finden wir eine Sackgasse. Sie ist zwar nur ein paar hundert Meter lang ist, ihre Namensfindung verrät aber einiges über die Geschichte des Bergbaus in Stiepel: die Straße „Am Bliestollen“
Der erste in 1909 vergebene Name für diese Straße war „Friedrichstraße“ nach der an ihr liegenden Steinkohlenzeche Friedrich (nicht zu verwechseln mit Carl Friedrich’s Erbstolln, Kemnader – / Ecke Markstraße). Die Zeche Friedrich war von 1753 bis 1777 in Betrieb und hat anschließend bis 1832 stillgelegen. Dann begann man mit der Auffahrung eines neuen Stollens, 1835 erfolgte die Wiederinbetriebnahme. Die Zeche war im Besitz des preußischen Staates, so dass die Vermutung naheliegt, dass die Benennung „Friedrich“ nach den preußischen Königen erfolgte. Das Tal an der Grenze nach Sundern und Weitmar, in der die Straße liegt, wurde daher auch Friedrichstal genannt. Die offizielle Bezeichnung lautet Rauterdeller Siepen. In diesem Tal lagen weitere Steinkohlenzechen, die bedeutendste dürfte „Preußischer Zepter“ gewesen sein, die ebenfalls im Besitz des preußischen Staates und als eine der ältesten Zechen im Raum Bochum mindestens seit 1695 in Betrieb war.
In den Jahren 1831 bis 1854 hat der Industrielle Franz Haniel das Eigentum an den Steinkohlezechen im Rauterdeller Siepen erworben, teilweise ersteigert. Im Jahr 1873 wurden diese, d.h. die beiden Zechen Preußischer Zepter und Friedrich sowie weitere Zechen des Rauterdeller Siepen zur Zeche „Brockhauser Tiefbau“ vereinigt. Zu dieser Zeit war der Förderschacht von Friedrich bereits vorhanden und wurde bis 1874 weiter abgeteuft. Über Tage erhielt er einen aus Bruchstein / Ruhrsandstein gemauerten Malakowturm. Dieser 1876 in Betrieb genommene Stiepeler Malakowturm ist von den 13 noch erhaltenen Malakowtürmen des Ruhrgebiets das einzige in Ruhrsandstein gemauerte Bauwerk seiner Art. Alle übrigen Türme sind aus Ziegel- bzw. Backstein errichtet.
Während die erste Namensgebung „Friedrichstraße“ an den Steinkohlenbergbau erinnert, ergibt sich die Umbenennung in „Am Bliestollen“ im Jahr 1929 aus dem Erzbergbau. Mit der Errichtung der Henrichshütte in Hattingen ab 1854 gab es einen großen Bedarf an Erzen für die Eisen- und Stahlerzeugung. Im Rauterdeller Siepen lassen sich zwei kleinere Bleierzfunde nachweisen. Am unteren Ende der Hülsbergstraße gab es ab 1864 den Tagebau „Silberkuhle“ und an der heutigen Blankensteiner Straße ab 1863 den „Stolln von Stiepel“. Dieses Bleierzvorkommen wurde im Jahr 1627 das erste Mal urkundlich erwähnt. Die Bezeichnung für diesen Bleierzstollen hatte sich wahrscheinlich im Volksmund erhalten und wurde in der Plattdeutschen Sprechweise „Bliestollen“ überliefert. Eine nennenswerte Erzförderung hat übrigens zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.
Neben dem Malakowturm als prägendes Bauwerk der Straße gibt es als zweites nennenswertes Gebäude die ehemalige Wirtschaft Westerberg, seit jeher ein beliebtes Ausflugs- und Gartenlokal. Heute ist dort das Restaurant „Waldhaus“ beheimatet.
Nicht vergessen werden darf auch der ehemalige Steinbruch, der an der Ecke der heutigen Blankensteiner Straße und Krockhausstraße gelegen war. Es wird überliefert, dass die Steine für den Malakowturm aus diesem Steinbruch stammen.
Klaus says
Ich war als Kind oft mit meiner Mutter und meinem Bruder im weitmarer Holz unterwegs und auch am Waldhaus.
Den Turm haben wir Kinder immer als Mäuseturm bezeichnet,warum auch immer. Schöne Zeit und schöne Erinnerungen.
Friedbert says
So ein Zufall, ich habe gerade nach Mäuseturm Weitmar recherchiert, da wir den Turm als Kinder auch nur unter dem Namen Mäuseturm kannten (Zeit zwischen 1965-1970). Daneben war das schöne Lokal. Süßigkeiten konnten wir am Fenster eines kleinen Kiosk kaufen, Proviant für unsere Radtouren von Weitmar zum Freibad in Welper. Wäre schön mal wieder dorthin zukommen.
Ralf Milius says
Lehreicher Bericht, nette Kommentare! Angenehme Erinnerungen an eine wunderbare Zeit und an einen besonderen Ort, da kann ich mich nur anschließen. Als “Mäuseturm” hatte ich den Turm gar nicht mehr auf dem Schirm, wohl aber den kleinen Kiosk, wo es ein Wassereis für mich gab. Auch ich war als kleines Kind mit meiner Mutter am Bliestollen und als Grundschüler waren wir oft zu Fuß, mit dem Fahrrad im Weitmarer Holz unterwegs und im Winter liefen unsere Schlitten bis hinunter zum Bliestollen (Zeit ca. 1967-1977). Seit über 30 Jahren bin ich schon ein Fan des “Waldhaus” und finde, der Bliestollen ist einer der idyllischsten Plätze, die man sich vorstellen kann.