So mancher Stiepeler dürfte in einem von ihm erbauten Haus wohnen – vielleicht ohne es zu ahnen. Mit diesem Beitrag wollen wir erinnern an den Stiepeler Bauunternehmer Carl Diergardt (1875 – 1967). Das Stammhaus der Diergardts lag an der heutigen Straße „Am Hang“, von dort stammen auch diejenigen Zweige der Familie, die mit dem Betrieb der Fähre an der Ruhr und mit dem bekannten gleichnamigen Restaurant in Hattingen verbunden sind.
Carl Diergardt begann im Alter von 14 Jahren eine Schreinerlehre und erwarb später die Qualifikation als Schreiner- und als Baumeister. Der Begriff des Baumeisters ist heute nicht mehr gebräuchlich, man kann sich darunter in etwa die Tätigkeiten der Bauplanung und -überwachung vorstellen, auch für fremde Gewerke. In einem Einwohnerverzeichnis des Jahres 1904 wird er zwar bereits als Bauunternehmer bezeichnet. Nach seiner Eheschließung mit Luise, geb. Grünendiek, wohnt er jedoch zunächst als Mieter im Hause des Wirtes Schreier an der heutigen Gräfin-Imma-Straße 49. Erst im Jahr 1908 baut er sich ein eigenes Domizil und legt dort den Grundstein für sein wachsendes Unternehmen. Die spätere Adresse lautet Hauptstraße 12 (ab 1909) bzw. Kemnader Straße 40 (nach der Eingemeindung 1929). Hinter dem Büro- und Wohnhaus errichtet er ein großes Lager- und Werkstattgebäude mit einer markanten Dachform. Dort waren untergebracht eine Schreinerei, Möbel- und Holzlager, eine allgemeine Werkstatt sowie das Lager für sämtliche Baumaterialien. Das Besondere daran: Mit einer Art „Nahwärmeheizung“ wurde das Wohnhaus von der Schreinerei aus beheizt. Im Gewerbeverzeichnis der Gemeinde Stiepel für das Jahr 1925 wird das Unternehmen bezeichnet als „Möbel & Eisenwarenhandlung, Baugeschäft“. Es ist überliefert, dass sein Unternehmen rund 20 Mitarbeiter hatte. Darüber hinaus betrieb seine Ehefrau im Wohnhaus ein eigenes Haushaltswarengeschäft.
Das Schicksal ereilte ihn, als beim schweren Luftangriff auf die südlichen Bochumer Stadtteile im Mai 1943 sein Haus zerstört wurde. Bis es wieder bewohnbar war, musste die Familie in einer eigens auf dem Grundstück gezimmerten Baracke leben. Zum Zeitpunkt des Bombentreffers war Carl Diergardt bereits 68 Jahre alt, sein einziger Sohn Wilhelm hat das Unternehmen danach nicht weitergeführt. Carl Diergardt lebte noch bis zu seinem Tod 1967 im wieder aufgebauten Haus an der Kemnader Straße 40. Als wohlhabender Unternehmer hatte er sich als Altersvorsorge eigentlich mehrere Mietshäuser in Wuppertal gekauft, aber diese wurden während des Krieges ebenfalls zerstört.
Das bekannteste von ihm in Stiepel erstellte Gebäude dürfte das ehemalige, 1910 fertiggestellte Gemeindehaus an der Ecke Kemnader-/Kosterstraße sein. Zahlreiche Stiepeler, aber auch Weitmarer Wohnhäuser gingen in den Jahrzehnten seines Schaffens auf sein Konto. Sein eigenes Haus an der Kemnader Straße 40 wurde ein paar Jahre nach seinem Tod abgerissen, unter anderem, weil es an dieser Stelle keinen Bürgersteig gab und die Stadt Bochum die Kemnader Straße von der Krockhausstraße in Richtung Weitmar mit Bürgersteig neu gestalten wollte. Unmittelbar nach dem Abriss (ca. 1968/69) wurden dort neue Häuser errichtet.
Neben Carl Diergardt gab es zu jener Zeit Georg Kortwig, Wilhelm Behrenbeck und Gustav Diergardt als weitere Stiepeler Bauunternehmer.
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